Mein Körper, meine Regeln.

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Interview mit Wildkatze. Escort. Anfang vierzig.

Mein allererster Rat: Jeder Mensch hat ein Bauchgefühl, eine Intuition. Das ist in der Sexarbeit das allerallerwichtigste, dass man auf sich und sein Gefühl vertraut. Sprich: Aufpassen, wenn einem etwas nicht so ganz koscher vorkommt. Das heißt nicht, dass ich jedes Mal, wenn ich denk: ‚Hoppla, da könnt was nicht ok sein‘, zurückschrecke und gleich sage: „Den Kunden nehm ich nicht.“ So extrem muss man nicht sein, aber einfach darauf achten, was einem das eigene Gefühl sagt und da auch wirklich darauf zu vertrauen. Ich denke, wir Menschen haben alle eine große Intuition in uns, manche haben schon früh gelernt darauf zu vertrauen, andre können das nicht so. Also aufs Bauchgefühl zu achten, das ist was ganz, ganz Wichtiges.

 

Achtung Verarscher

Eine ganz typische Geschichte aus meiner allerersten Woche war eine Geschichte, die Sexarbeiter immer wieder betrifft: Es geht um das Thema Terminfaker oder ganz profan ausgedrückt Verarscher.

Ich hatte damals, es war Samstag Vormittag, einen Anruf auf meinem Handy, ein Geschäftsmann aus einer andren Stadt, der gerade beruflich hier war. Wie gesagt, es war meine erste Woche. Heute würde ich ihn erstmal fragen: “Was machst du beruflich, dass du an einem Samstag beruflich hier in der Stadt bist?“ Auf die Idee bin ich damals gar nicht gekommen. Es wäre mein erster Hotelbesuch geworden und ich war ganz aufgeregt. Er hat mir dann am Telefon furchtbar viele Fragen gestellt. „Geht das? Könnt ich mir dies vorstellen? Könnte ich mir das vorstellen?“ Das ist auch sowas ganz Typisches. Heute hab ich gelernt, dass ich da viel schneller sagen soll: „Du ja, wir können in die und die Richtung gehen, um wie viel Uhr soll ich denn kommen?“ Man muss in dem Job lernen, verbindlich zu werden. Einer, der wirklich Interesse hat, der wird dann sagen: „Ich hab mir vorgestellt 16 Uhr oder 18 Uhr oder erst heut Abend 22 Uhr“, der antwortet darauf. Einer, der kein Interesse hat, und der das nur macht um sich daran aufzugeilen, der wird dann sagen. „Ja, lass uns mal gucken, aber hast du denn auch dies und jenes?“ Das sind dann so typische Fragen wie: “Kannst du das anziehen? Kannst du jenes anziehen? Hast du Highheels? Hast du Strapse?“. Da werden furchtbar viele Fragen gestellt, aber es kommt nichts Verbindliches. Es wird im Prinzip am Telefon die ganze Zeit über Sex geredet, nur es wird nicht darüber geredet, wann dieser Sex stattfinden soll. Vor allem wenn man, so wie ich, ein grundsätzlich höflicher Mensch ist, dann fällt einem das am Anfang wirklich schwer zu sagen: „Stopp, die Frage beantworte ich dir jetzt nicht, sag du mir jetzt: wann und wo!“ Und das ist wirklich etwas, was man lernen muss. Das kann man auch trainieren. Da kriegt man auch ein Gespür dafür. Da sind wir auch wieder beim Thema Intuition.

Bei mir war das dann damals so, wir haben uns dann auf eine Uhrzeit geeinigt. Ich war ganz nervös, es war das beste Hotel in der Stadt, das hab ich bloß von außen gekannt. Wir waren nachmittags, 15 Uhr verabredet, ich hatte davor noch Termine. Hab mich noch bei ihm entschuldigt: „Ich bin jetzt erstmal nicht erreichbar, ich hab noch Termine, ich muss noch dies und das machen.“ Aber ich muss mich meinem Kunden gegenüber nicht entschuldigen. Wenn er sagt 15 Uhr, dann sag ich „Prima, 15 Uhr!“ Dann können wir von mir aus noch vereinbaren ½ Stunde vorher noch einen Bestätigungsanruf. Aber wenn der Termin um 15 Uhr ist und das Telefonat morgens um 10, dann steh ich ihm nicht von 10 bis 15 Uhr zur Verfügung, wenn er alle halbe Stunde anfragt: „Na bist du auch schon so geil wie ich?“ Muss ich nicht und ich muss mich dafür auch nicht rechtfertigen, wenn wir um 15 Uhr einen Termin haben. Ich werd dafür bezahlt, dass wir uns treffen, dafür krieg ich Geld. Und klar kann man davor noch mal kurz telefonieren, wenn da noch eine Frage kommt. Z.B. bei Hotelbesuchen, wenn’s darum geht, dass man sich abends trifft, dann kommt irgendwann nochmal die Frage: „Ich würde uns gerne was zu trinken besorgen, magst du lieber Rotwein, Weißwein, Sekt?“ Das sind legitime Fragen, warum nicht? Aber in der Zeit vorm Date bis zum Date steh ich dem nicht zur Verfügung. Sowas passiert vor allem Unerfahrenen, Neulingen und es gibt Männer, die suchen sich ganz gezielt Frauen raus, die gerade angefangen haben, weil sie wissen, die können das noch nicht. Der alte Hase, der sagt dann gleich: „Du pass mal auf wann, wo, wie, weshalb?“ Während die Neue, die will ja den Kunden nicht verärgern, die will ja freundlich sein, die will ja nett sein und die beantwortet dann ganz treudoof jede Frage. Aber da darf man sich durchaus selbstbewusst hinstellen und Klartext reden. Und durchaus auch einmal nicht antworten. Oder sagen: „Ok, um15 Uhr sind wir verabredet, also schick mir um 14.30 noch einmal eine SMS zur Bestätigung und dann komm ich auch.“ Wenn diese Bestätigung nicht erfolgt, verlasse ich erst gar nicht das Haus.

Also damals hatten wir den Termin ausgemacht, ich tierisch nervös. Ich weiß noch, ich hatte einen Termin zum Nägel auffüllen und der hat mir SMS um SMS geschickt und ich saß da so, eine Hand war in Arbeit und ich nehm das Handy und hab mich entschuldigt: „Sorry, ich kann gerade gar nicht schreiben.“ Heut lach ich, ich muss mich ja nicht entschuldigen! Ich war dann tierisch spät dran, weil ich musste noch nach Hause, mich umziehen und hab mir dann letztendlich sogar ein Taxi gerufen, damit ich pünktlich im Hotel ankomme. Ich wusste die Zimmernummer. Das war der nächste Fehler, hab ich dann gelernt. Bin in das Hotel rein, bin hochgefahren, ich stand vor dem Zimmer, hab geklopft…und dann hab ich noch einmal geklopft…und ich hab dann noch ein drittes Mal geklopft. Ich dachte, vielleicht hab ich zu leise geklopft, ich wäre gar nicht auf die Idee gekommen, dass der gar nicht da ist. Aber das passiert öfter als man sich vorstellt. Ich hab dann angerufen, dann hat das Telefon durchgeklingelt. Und ich weiß noch, ich hab dann mein Ohr an diese Hotelzimmertür gelegt, weil ich gedacht hab, da muss doch jetzt da drin ein Telefon klingeln. Und dann hab ich da nichts gehört und gedacht: Scheiße!

Das war eine gute Lektion. Heute weiß ich, wenn ich einen Hotelbesuch mache, dann gibt der mir seine Zimmernummer durch und dann rufe ich ihn zurück auf diesem Zimmer. Wenn er sagt, er ist auf der 812, das kann man im Internet nachschauen, wenn das Hotel die Nummer 12345 hat, dann wähle ich 12345, Durchwahl 0 für die Rezeption, er ist auf 812, dann wird die Nummer 812 seine Nummer sein, und im schlimmsten Fall lass ich mich durchstellen. Da musst du auch keine Angst haben unten an der Rezeption, dass die dich fragen: „Was, wo, wie und warum?“ Da ruf ich an und sag: „Müller hier, bitte stellen sie mich durch auf 812. Ich möchte mit dem Gast auf 812 sprechen.“ Die fragen auch nicht: „Ja wissen Sie denn, wie der heißt? Und was wollen Sie von dem?“ Das ist denen egal. Das sind auch Dienstleister. Wenn’s dann heißt: „Oh, da hat keiner eingecheckt.“, kann ich sagen: „Oh, ich meld mich gleich nochmal, ich muss in den Unterlagen nachgucken, da hab ich eine falsche Zimmernummer.“ Dann komm ich für mich gut aus dem Gespräch raus. Wobei ehrlich gesagt, am Telefon könnte ich ja einfach auch auflegen. Ist ja keiner da, aber man fühlt sich dann einfach besser. Das sind so Sachen mit denen man gewisse Risiken, gewissen Ausfälle so ein bisschen vermeiden kann.

Also ausmachen: ½ Stunde vorher rufst du mich noch einmal an, schickst mir eine SMS oder Whatsapp oder email oder über welchen Kanal wir eben kommuniziert haben und ich mache ihm auch klar, wenn er das nicht bestätigt, halte ich ihm danach auch den Termin nicht mehr frei. Dann natürlich beim Hotelbesuch: Zimmernummer verlangen, sich vergewissern, dass er da ist.   Bisschen darauf achten, ob der sich einfach nur an dem Gespräch aufgeilen will oder wirklich ein Treffen möchte. Ein Herr, der wirklich definitiv einen Termin will, der wird auch konkret werden. Klar, natürlich ist es immer legitim Fragen zu stellen, oder Wünsche zu äußern, und bei ausgefallenen Wünschen wird’s auch mal länger, aber da sind wir wieder bei der Intuition, das man sagen kann, man lernt das mit der Zeit darauf zu achten, ist das wirklich einer, der eine etwas ausgefallenere Phantasie hat. Oder kommen da nur so diese Wischiwaschifragen: „Was macht dir denn Spaß, macht dich das auch so geil? Bist du gerade geil?“ Da kann ich in der Jogginghose aufm Sofa sitzen bleiben, da muss ich nicht unter die Dusche springen dafür.

 

Mit Spass und Leidenschaft dabei

Ich war auch schon vor meiner Escortzeit ein sexuell sehr aktiver Mensch. „Schlampe“ haben vielleicht andre gesagt. Ich probiere mich gerne aus. Ich entdecke mich, ich gucke, was andre mögen. Ich informier mich. Ich habe früher schon von Männern die Rückmeldung bekommen, „Ja, dass du da so mitmachst…!“ Wir hatten Sex auf dem Balkon, was ist denn da groß dran? Liegt an mir, dass ich da ein offener Mensch bin. Ich sag: „Pervers ist, was nur einem gefällt.“

Und solange es beiden gefällt, steht alles offen. Und da kann man sich doch ausprobieren.

Und da muss man nicht schauspielern. Ich hab grad in der Escortzeit schon Dates gehabt, wo ich mir gedacht hab: „Das wär jetzt nicht so extrem was für mich. Das war dann eher so in dem Bereich der vielgerühmten Sklavenanfragen. „Darf ich dein Putzsklave sein?“ Und so was. Ich hatte einmal einen Damenwäscheträger, einen DWT, der da unheimlich drauf stand, der sich da wirklich in seine Spitzendessous geschmissen hat, und der war auch noch sehr masochistisch und,- ich kann es zugeben-, ich hab dann seinen Schwanz mit Brennnesseln gepeitscht. Mir hat es nicht wehgetan, aber ich müsste es nicht jeden Tag haben. Ich müsste es auch nicht jede Woche haben. Also das war so etwas, wo ich mir danach gedacht hab: Also gut, jetzt hast du eine gute Dienstleistung erbracht. Was mich sehr gefreut hat in dem Date, wie ich gesehen hab: Der hat immer mehr die Augen verdreht und war immer verzückter und ich hab mir gedacht: Dem macht das jetzt gerade Spaß! Mir macht’s sexuell gesehen keinen Spaß, aber ok, ich krieg Geld dafür, ich erbringe eine Dienstleistung, das ist in Ordnung also hab ich’s gemacht und wehtun tut’s mir nicht. Und ich steh auch heute noch mit dem in Kontakt, der meldet sich noch ab und zu.

Das war nicht hier in der Stadt, sondern woanders und er fragt, ob ich wiederkomme. Ich weiß genau, wenn ich dort bin und er hat Zeit, dann steht der bei mir auf der Matte. Einfach weil ich’s gut gemacht habe, ich habe ihm seinen Wunsch erfüllt, er hat sehr viel Spaß daran gehabt. Ich erbringe eine Dienstleistung, da geht’s primär nicht immer darum, dass ich auch meinen Spaß habe, auch wenn’s schön ist, wenn ich meinen Spaß daran habe. Was gibst schöneres als zu sagen: Ich habe einen Beruf, der mir Spaß macht? Aber das ist nicht immer Priorität Nummer 1.

Ich hab durchaus auch mal Orgasmen bei Kunden, das ist für mich in Ordnung. Ich hab keine Probleme mit einem Orgasmus beim Kunden. Den Orgasmus hab ich ja, weil er mich sexuell so gut stimuliert. Und dann in dem Moment, dann darf er den auch haben. Dann hat er ja auch seinen Job gut gemacht. Ich kenn durchaus Kolleginnen, die sagen: „Nein, der Orgasmus gehört in den privaten Bereich.“ Ich stell immer wieder fest: Wenn’s wirklich guter Sex ist, ich weiß nicht, vielleicht haben andre da einen Knopf für Orgasmus ja oder nein. Ich hab diesen Knopf nicht. Und wenn’s wirklich gut ist und mich jemand gut stimuliert und es Spaß macht, dass alles stimmt und so, also ich kann den dann manchmal auch gar nicht verhindern. Das ist einfach so. Und warum sollte ich ihn auch verhindern? Ich mein hallo, bei einem Orgasmus schießen Endorphine durch die Blutbahn, da werden Glückshormone freigesetzt und ich bekomme dafür auch noch Geld! Also ich hab da kein Problem damit. Und wenn andre sagen, das gehört eher in den privaten Bereich…. ich bin ja privat auch liiert. Da spielt sich ein Orgasmus, da spielt sich überhaupt der Sex auf einer ganz andren Ebene ab. Und ich kann da durchaus unterscheiden, ob ich bei einem Gast einen Orgasmus habe oder bei meinem Partner. Ich meine, es ist immer eine körperliche Reaktion, aber für mich fühlt es sich anders an, wenn es im privaten Bereich passiert. Da stimmt noch viel mehr, da fühl ich mich ja ganz anders geborgen, aufgehoben, da sind ja viel mehr Emotionen im Spiel. Das andre ist nur eine körperliche Reaktion, eine schöne körperliche Reaktion. Wenn ich merk, es ist grad gut, dann unterdrück ich doch meinen Orgasmus nicht! Es hängt auch davon ab wo, wie in welchem Umfeld man arbeitet. Wenn man kein Problem hat mit zehn Minutendates und auf Masse macht und da hab ich meine 5, 6, 7, 8 Dates am Tag, zack, zack, zack, also da muss viel passieren, dass ich in zehn Minuten so geil bin, dass es passieren könnte. Wenn man lieber Besuche macht, das geht länger, da wird es viel eher vorkommen.

Was ich grundsätzlich sagen kann, – und das gilt nicht nur für die Prostitution oder die Sexarbeit-, ich würde den Menschen immer raten: „Schaut, dass das, was ihr macht, egal welcher Job das ist, schaut immer, dass ihr mit Spaß und Leidenschaft dabei seid! Spaß, Leidenschaft, Freude, weil dann gehen einem die Dinge auch ganz anders von der Hand!“ Und ja, ich würde einer Kollegin durchaus raten: „Schau, dass du deinen Spaß dabei hast, dass du auf deine Kosten kommst. Ob das jetzt ein Orgasmus ist, oder ob du sagst: Es macht dir einfach Spaß zu sehen, wie viel Spaß dein Kunde daran hat.“ Um auf diesen Damenwäscheträger zurückzukommen: Der ist dagestanden, hat die Augen verdreht, war total verzückt und das war für mich so ein Moment, wo ich gedacht hab: „Du machst das gerade gut!“ Und dann hab ich auch meine Freude daran. Ich merke, ich bin gut, ich tue jemand andrem grad etwas Gutes, ich erbringe gerade eine gute Dienstleistung und da hab ich durchaus auch meine Erfüllung aus diesem Date gehabt.

Und das wäre etwas, was ich einer neuen Sexarbeiterin raten würde: Schau generell, dass du deinen Spaß, deine Leidenschaft, deine Freude daran hast. Jede wird für sich finden, wo sie ihre Erfüllung drin findet. Vielleicht stell ich fest, bei meinem Blowjob gehen die Männer ab ohne Ende, also blas ich jetzt nur noch. Und dann hab ich meinen Spaß da dran, einfach weil ich sehe, wie die dastehen und schreien ‚OhGottohGottohGott, hör nie mehr auf, tu was du willst, aber hör nie mehr auf, du kriegst alles von mir!‘ Oder ich steh vor allem drauf, dass ich dabei auch meinen sexuellen Spaß hab. Ich denk, da wird jede ihre Schiene rausfinden. Es ist wichtig, einen Punkt zu finden, an dem man sagt: „Ok, das ist mein Trigger, aus dem ich meinen Spaß und meine Erfüllung in dem Job finde.“

 

Niemals nur aus finanzieller Not einen Job machen.

Der größte Fehler ist immer, wenn man auf seine Intuition nicht hört. Gehirn einschalten, ganz klar und ganz selbstbewusst sein. Ich sage immer: Mein Körper, meine Regeln. Sich zu nichts überreden lassen. Und wenn einer sagt: „Aber die andren machen es ja auch.“, sich selbstbewusst hinstellen und sagen: „Ja, dann geh doch zu den andren.“

Und das Wichtigste ist: Niemals aus finanzieller Not sagen: „Dann nehm ich den halt jetzt mit.“ Man ist manchmal knapp. Es gibt nichts Unbeständigeres als das Sexgewerbe. Es kann sein, dass ich heute 1000 Euro verdiene, dann kann es sein, dass zehn Tage nichts geht. Das ist einfach so. Man darf sich nicht darauf verlassen, dass, wenn ich heute gut verdiene, dass das so weitergeht. Selbst wenn es einmal ein, zwei, drei Wochen hintereinander gut läuft, dann weiß ich nicht, kommt danach die Flaute? Das heißt: gut haushalten mit dem Geld. Sich niemals in die Situation zu bringen, zu sagen: „Ich bin so knapp bei Kasse, den muss ich mitnehmen.“ Überspitzt gesagt: dann leb ich heute lieber von trocken Brot und Wasser und bleib mir aber treu und vertrau meiner Intuition. Und wenn mir so etwas öfter passiert, dann muss ich mir entweder überlegen, stimmt was mit meinem Profil, meinen Dienstleistungen nicht, soll ich daran etwas ändern? Weil dann habe ich ja scheinbar zu wenig Kunden. Oder im Umkehrschluss zu sagen: Ich habe deswegen so wenig Kunden, weil ich so viele ablehne, dann passe ich halt nicht in den Job. Aber wie gesagt: Es ist legitim zu sagen, ich mach diesen Job um Geld zu verdienen, vielleicht weil ich grad auf schnelle Art ein bisschen mehr Geld verdienen möchte, aber ein Date, das nur deswegen zustande kommt, weil ichs grad dermaßen nötig habe, bei so einem Date hat man das Hirn schon davor ausgeschaltet. Da ist man dann wirklich in dem Zwang drin.

Ich habe persönlich einen, der vor mir stand, noch nie ablehnen müssen, aber ich telefoniere kurz mit den Kunden, wir schreiben ein bisschen hin und her und da im Vorfeld, da sortieren sich durchaus einige aus. Da kriegt man mit der Zeit ein Gespür dafür, wer benimmt sich wie, was will der, und da sag ich da schon mal knallhart: „Das passt nicht zwischen uns.“ Oder ich sag: „Ich bin ganz furchtbar ausgebucht, ruf nächste Woche noch einmal an!“ Die wollen ja in dem Moment, wo sie sich melden. In dem Moment sind sie geil und da hab ich heute aber leider keine Zeit mehr. Meistens ist es die unhöfliche Art. Da ist die Anfrage schon respektlos. Du kriegst ein email: „Was kostet Ficken 10 Minuten?“ Oder Männer, die um den Preis feilschen wollen. Neee, sorry. Im Vorfeld sortier ich aus, wenn ich feststelle, da ist wer, der tritt mir nicht mit dem Respekt gegenüber, denn ich erwarte, weil ich erwarte Respekt für meine Dienstleistung,

 

Mein heißestes und mein schlimmstes Erlebnis

Eines meiner heißesten Erlebnisse, das waren zwei Kunden. Es war eine sogenannte Büroeinweihung. Ich war ursprünglich für anderthalb Stunden gebucht und war dann im Endeffekt 5 Stunden da. Wir haben so viel gelacht. Es war ein Büro mit großer Dachterrasse. Wir haben den Grill angeschmissen. Zum einen war es sehr guter Sex und es hat zwischen uns drei Menschen gepasst. Was wir an dem Abend gelacht haben und geredet haben und Blödsinn gemacht haben! Und dann gings wieder von vorne los. Das war eines meiner schönsten Erlebnisse.

Eines meiner schlimmsten Erlebnisse war ziemlich am Anfang, wo ich sehr unwissend in ein Date reingegangen bin. Der hat mir schon gesagt, er geht eher in den etwas härteren Bereich. Das ist ein ganz wichtiger Tipp: Wenn eine gewillt ist das anzubieten, nicht unbedingt SM, aber so eine härtere Gangart, da ist es ganz wichtig schon im Vorfeld zu sagen: „Bis dorthin und nicht weiter, das geht mit mir und das geht nicht.“ Oder auch mal zu sagen: „Kenn ich nicht, können wir dann vor Ort entscheiden.“ Ich hab damals den Fehler gemacht, dass ich gewisse Dinge im Vorfeld nicht abgeklärt habe und er ist dann bisserl grober geworden, als ich das gewollt hätte. Es war Sommer, das Fenster stand offen, gegenüber die Nachbarn am Balkon. Er hat das nicht so gemerkt, der war da voll drin, aber ich hab mich nicht getraut, laut zu werden und zu sagen: „Stopp!“, weil ich gefürchtet hab, dann kriegen die das gegenüber mit. Heute würde ich sagen: „Scheißegal, was die da drüben mitkriegen.“ Vor allem hab ich auch Angst gehabt, wenn ich abbreche, muss ich dem das Geld zurück geben. Heute würde ich, wenn‘s soweit käme, ganz klar sagen: „Stopp!“ Und natürlich würde er kein Geld zurück bekommen, wenn ich ihm im Vorfeld gesagt habe: „Bis hierhin.“ und er übertritt dann diese Schwelle, dann hab ich das Recht zu sagen: „Stopp hier und zieh dich an und geh!“ Und natürlich gibt‘s kein Geld zurück. Aber damals habe ich mich nicht getraut mich zu wehren, das war kein so ganz schönes Erlebnis.

 

Niemals ohne Cover

Ganz wichtig ist der Cover, gerade wenn man wie ich Haus- oder Hotelbesuche macht. Es weiß bei mir grundsätzlich immer wer, wo ich bin mit genauer Adresse und Uhrzeit. Also bei einem Hotelbesuch komme ich ins Zimmer, zieh die Jacke aus, sage hallo, stell die Handtasche hin und greife ganz selbstverständlich zu meinen Handy und sage: „Warte kurz ich muss Bescheid sagen, wo ich bin.“ Die meisten kennen das und finden es gut. Einer hat mich fragend angeschaut. Da hab ich gesagt: „Wir wollen doch nicht, dass die Polizei hier stürmt, weil meine Leute nicht wissen, was mit mir ist, oder?“ es weiß immer jemand, wo ich bin. Und bei Autodates, bei Treffen am Parkplatz, unbedingt im Vorfeld nach dem Kennzeichen fragen und es einer Vertrauensperson mitteilen. Ein Kunde, der sich weigert, das Kennzeichen durchzugeben aus Diskretionsgründen oder weil er behauptet, er sei eine prominente Persönlichkeit, die im öffentlichen Leben steht: Das ist Bullshit. Dem sage ich: „Wenn du mir dein Kennzeichen nicht anvertraust wie soll ich dir meinen Körper anvertrauen?“ Soviel Vertrauen muss sein. Und ein Kunde, der es ernst meint, der macht da auch keine Probleme und sagt dir das Kennzeichen.

Also immer ganz wichtig ein sogenanntes Cover im Hintergrund zu haben. Was ich gerne mache, wenn ich eine Stunde, zwei gebucht bin und ich trag nicht gerne eine Armbanduhr. Dann hab ich mir durchaus im Handy eine Erinnerung gestellt, wenn der Termin bis 22 Uhr geht, dann klingelt mein Handy um 22.15.

Ich bin ja ein selbstbewusster Mensch, der Grenzen setzen kann. Aber gerade bei Mädels, die etwas schüchtern sind, etwas ruhiger, da versucht ein erfahrener Kunde, der Macht ausspielen will, der versucht es dann. Das muss man lernen. Das musst du als Sexarbeiterin klar haben: Es ist dein Körper, also sind es auch deine Regeln. So einfach ist das. Darüber sollte man sich nie hinwegsetzen. Da sollte man so selbstbewusst sein und sagen: „Pass mal auf, du zahlst ja Geld für meinen Körper, aber du kaufst nicht mich. Du mietest Zeit bei mir. Das einzige, wofür du bezahlst, ist Zeit.“

 

Ausprobieren und nachfragen

Ich hatte viel Sex in meinem Leben. Und ich achte unheimlich auf mein Gegenüber. Und man merkt dann schon: mache ich es so, reagiert der so, mache ich das hier, reagiert der so. Einfach experimentierfreudig sein, vielleicht auch einmal fragen: „Na, macht das gerade Spaß?“ Zum Beispiel Brustwarzen: Die sind unheimlich empfindlich bei manchen. Da streichst mit dem Finger drüber und die sagen schon: „Oooh, aber nicht fester!“ Und andre, im SM-Bereich, die lassen sich Nippelklemmen mit Krokodilszähnen dran machen. Also es ist ganz unterschiedlich. Immer darauf achten. Wie reagiert derjenige? Nachfragen: „Gefällt dir das? Darf ich ein bisschen fester?“ Stichwort Brustwarzen: Ich geh da gern einmal hin, am Anfang bisschen küssen, dann saugt man bisschen dran. Dann denkt man: Ok, gut. Die Brustwarzen stehen ja auf bei Erregung, dann kann man bisschen dran knabbern, dann beißt man einmal kurz ein bisschen. Wenn der dann laut schreit: „Oh war ich da jetzt zu fest?“ Man merkt das ja einfach. Auf dein Gegenüber achten. Ausprobieren und nachfragen. „Gefällt dir das gerade?“ Und dann gucken, der eine reagiert bei dem extremer, der andre bei dem.

Ich habe festgestellt, dass Männer bei Sexdienstleisterinnen – hängt vielleicht damit zusammen, dass sie denken: „Hier bezahle ich dafür, da darf ich.“ – viel schneller sagen: „Oh, das ist toll, ja, mach weiter, ja mach noch mehr!“ Ich hab das früher im privaten Bereich nicht so gehabt, dass ein Mann schnell einmal sagt: „Oh ja, mach da weiter, mach dies, mach das, jaja mach, noch fester.“ Da sind Männer als Kunden einfach offener. Da zahlen sie dafür und da wollen sie auch ihren maximalen Spaß. Also immer darauf achten, was der gegenüber mag. Wenn man z.B. an die Hoden geht, das war mir nicht bewusst, dass bei manchen die Hoden so empfindlich sind. Manche Männer, die mögen es mehr, da darf man kneten, da darf man drüber kratzen. Manche sind ganz, ganz empfindlich.

Und es ist natürlich schon notwendig auf seinen Körper zu achten, in der Sexarbeit mehr als normal. Aber nicht nur mein Körper ist mein Kapital, sondern auch meine Persönlichkeit. Ich bin keine zwanzig, ich wieg nicht 45 Kilo, ich habe keine langen, blonden Haare bis zum Arsch. Ich bin 42. Die Männer kommen zu mir nicht, um einen Optikfick zu bekommen, da gehen sie zu andren. Bei mir geht’s um die Persönlichkeit, das Ambiente, das ich zaubere.